Klopothek - White Noise Bar @ Studio 672

 

 

Mai 1999

 

 

5.5.1999

Sonig Label Nacht feat. Vert

Sonig ist das Mouse On Mars Label. Seit fast zwei Jahren werden hier LPs (sic!) veröffentlicht, die diejenigen Aspekte der Musik von Mouse On Mars präsentieren, die durch die übliche Maxi / LP / Remix - Politik nicht berücksichtigt werden. Das Soloprojekt ≥Lithops„ von Jan Werner ist hier ebenso erschienen wie ein nicht veröffentlichter Soundtrack der Gruppe für einen amerikanischen B-Film. In diesem Frühjahr geht Sonig in die Offensive: es werden eine Reihe von Maxis veröffentlicht, die prickelnde elektronische Unterhaltungsmusik von frischen Musikern featuren. Natürlich ist der Bezug zu dem verspielt-multidirektionalen Mouse On Mars-Universum gegeben. Aber Projekte und Künstler wie Wang Inc. oder eben Vert bestechen vor allem durch Eigenständigkeit. Innovation ist etwas, das im besonderen Maße an den Rändern unserer Wahrnehmung stattfindet. Die Sonig-Maxi Reihe rücken diese Innovationen in‚s Blickfeld der Auseinandersetzung. Nachdem bereits die Wang Inc. 12„ erschienen ist und eine ganze Reihe aufregender Scheiben (u.a. von Mouse On Mars und FX Randomiz) angekündigt sind, wird heute der junge britische Künstler Adam Vert und sein jüngstes Sonig-Produkt vorgestellt. Er wird auf einem notdürftig gewarteten Piano das Köln Konzert Keith Jarretts (richtig gelesen!!) rekonstruieren. Man darf gespannt sein. Dazu werden Mouse On Mars selber, also Andi Thoma und Jan Werner, ihre Skills als DJs unter Beweis stellen.

Beginn: 22.00, Eintritt: DM 10.-

 

 

12.5.1999

Bul Bul

Die österreichische Formation Bul Bul, die sich je nach Geschmack aufschneiderisch oder enigmatisch gibt, zählen zu den wenigen Senkrechtstartern im Zeitalter der Unübersichtlichkeit. Als sie letztes Jahr ihre CD mit unschuldigem Blumenaufdruck und festgeschraubt zwischen pfundschweren Stahlplatten veröffentlichten, fiel die Musikpresse in ein zunächst nur schwer nachvollziehbares Delirium. Rockmusik, so laß man zwischen den restlos euphorisierten Zeilen, habe mit Bul Bul ein Stadium der Sickness und der Selbstauflösung erreicht, daß man für kaum noch möglich hielt. Und tatsächlich: Bul Bul haben mit ihrer CD wohl die beste Platte eingespielt, die die Melvins nie veröffentlicht haben. Metallgedröhne, das Zirpen abstrakter Elektronik, verschwommene Reminiszenzen an Volksmusik (Akkordeon!) - das alles findet in einem comichaft überzeichneten Clash zueinander. Tres bizarre und garantiert scherzfrei: der heilige Lärm steht auch bei Bul Bul unbedingt im Vordergrund. Für die angemessene Unterstützung an den Plattentellern sorgt einmal mehr DJ Konrad Feuerstein feat. Konrad Feuerstein.

Beginn: 22.00, Eintritt: DM 15.-

 

 

19.5.1999

Charles Curtis / Alan Licht / Dean Roberts

Die Supergroup der Avantgarde? Unser Wunschtrio an der Schnittstelle von Pop und reinstem White Noise, zwischen Minimalismus und freier Improvisation? Wenn man sich nur aufzählend bewußt macht, was für Verdienste die drei Musiker in den letzten Jahren errungen haben, wird einem schnell klar, was dieses Trio bedeuten kann. Charles Curtis ist Minimalist und Schüler von La Monte Young, einem der Begründer dieser Musikrichtung. Er ist Cellist, lebt in Hamburg, ist aber auch in NY aktiv. Mit seinem Trio hat er eine Reihe von Alben für das Hamburger Strange Ways Label eingespielt, deren Musik an die frühen Velvet Underground anschließt und exemplarisch die damals engen Kontakte zwischen Rock und Minimal rekonstruieren. Der dringlich-physische Aspekt dieser Musik wird in seinem Trio besonders deutlich. Desweiteren arbeitet er als Komponist und in NY in der Freenoise-Gruppe des Borbetomagus-Gitarristen Donald Miller. Alan Licht ist ≥the Evan Dando of Noise„. Der wirklich gut aussehende Gitarrist und Musiktheoretiker (das Chicagoer Drag City Label plant seine Schriften demnächst herauszugeben) hat sowohl mit Bands wie Run On oder Love Child Pop gemacht als auch mit Heroen wie Rashied Ali oder Rudolph Grey Free Jazz. Als Theoretiker erforscht er die Paradoxien der Improvisation und stößt von ihnen ausgehend bis Bob Dylan vor. Als Gitarrist schwankt er souverän zwschen hemmungslos entfesselten White Noise Kaskaden und frei improvisiertem Blues, wie er ihn auf jetzt 4 CDs mit Loren Mazzacane Connors zelebriert hat. Dean Roberts schließlich ist Neuseeländer und unüberhörbar von dem Free Noise seiner Landsleute (Dead C, A Handful of Dust, Gate etc.) geprägt. Seine eigenen Entwürfe zwischen Gitarrenimprovisation und zeitgenössischer Elektronik hat er in Projekten wie White Winged Moth oder auf seinem Album für Mille Plateaux bewiesen. Wenn Sie jetzt die Quersumme aus diesen Projekten, Ansätzen, Ideen und Sounds ziehen, dann landen Sie bei diesem Trio. Wieviel Platz zwischen Avantgarde und Noise und Pop und waswissenwir... ist und was man für schöne Sachen darauf bauen kann, hören Sie bei dieser neuesten Version der NY Bulldozer. Und wenn sie wissen wollen, was für Gedanken wir uns bei der Sache gemacht haben, hören Sie die Kommentare von unserem DJ Wolfgang Brauneis.

Beginn: 22.00, Eintritt: DM 15.-

 

 

26.5.1999

Gert-Jan Prins

Wie gesagt: Ästhetische Innovationen passieren in der Peripherie, am Rande. Wer hätte gedacht, daß eine der radikalsten, überzeugendsten Veröffentlichungen elektronischer Musik aus der jüngsten Zeit ausgerechnet von Gert-Jan Prins kommt. Gert-Jan Prins, 37 Jahre alt und aus Amsterdam stammend ist eigentlich Percussionist und hat als solcher mit Meistern der Improvisierten Musik wie Luc Houtkamp, Johannes Bauer, Fred Van Hove, Misha Mengelberg oder Mats Gustafsson zusammengespielt. Zu den Zentren holländischer Noise-Musik, dem STEIM Institut und dem Staalplaat-Label pflegt er nur peripheren Kontakt. Aber bereits in seinen Improvisationsgruppen erprobte er seine selbstgebauten elektrischen Medien. Einerseits greifen diese auf bekannte Formen: Radiogeräte, Fernsehapparate zurück, andererseits ist Gert-Jan Prins an Interaktivität interessiert: wie kann er die Electronics mit den eigenen Aktionen am Schlagzueg resp. mit den Aktionen seiner Mitmusiker verkoppeln. Die Sounds, die er dabei produziert sind feinkörnige Schichtungen, zersetzt und zerhackt von einem undefinierten Kratzen und Schaben, plötzlichen Noise-Explosionen und überraschenden O-Tönen aus den (verfremdeten) Medien. Seine Solo-Platte brachte diese Geräusch-Musik konsequent und sehr genau auf den Punkt: nichts überflüssiges oder effekthaschendes haftet seiner Musik an. Das sind Qualitäten, die er bspw. in das Music In Movement Electronic Orchestra einbringt, jenem improvisierendem Orchester, das ausschließlich aus Elektronikern sich rekrutiert und im letzten Dezember erfolgreich ein ganzen Jack Pohl-Festival bestritt. Als DJ für diesen Abend konnten wir Frank Dommert gewinnen.

Beginn: 22.00, Eintritt: DM 10.-