Joachim Ody - Vortrag mit Musikbeispielen zum Thema Polystilistik und Sampling am 11.8.2001 in der Galerie "Parking Meters" (Köln, Weidengasse).

In dem Vortrag ging es um die Herausfiltrierung von Fremdmaterial bekannter Themen und Motive (Collagentechnik, Musikzitate etc.),die zur Verwendung von Eigenkompositionen neu bearbeitet wurden. Das Spektrum deckte dabei genauso das Zitieren prägnanter Themen aus der klassischen Musik ab im Modell der kollektiven Stilvielfalt, die auch die Nutzung aller möglichen Kompositionstechniken berücksichtigt (Polystilistik), wie auch in erweiterter Form davon ausgehend die Pop-,Jazz- und Avantgarde-Elektronik mitsamt der Unterabteilungen (bspw. Minimal Music oder Musique Concrete) das Zitat als Ausgangsbasis nutzte, um es in anderer Bearbeitungsweise mittels eines besonderen Verfahrens (Sampling-Techniken) in ein formell und, von der Klanggestalt her betrachtet , völlig neuartiges Gewand anzugleichen. Dabei wurde untersucht, inwieweit polystilistische Betrachtungsweisen innerhalb der E-Musik als Sampling-Verfahren der U-Musik gleichzusetzten sind - oder umgekehrt. Es ging auch darum, aufzuzeigen, wie innerhalb der einzelnen, fest eingegrenzten Sparten von U und E Grenzen gesprengt werden können, um auf unkonventionellem Weg beides miteinander zu verknüpfen. Der Beitrag behandelte außerdem - passend zu dieser Thematik - Fragen zum Urheberrecht bzw. inwieweit es überhaupt in der Musikwelt legitim ist, Material zu "klauen", um es allen gesetzlichen Hindernissen zum Trotz im Sinne der "freien Kunst" neu zu untersuchen.
Die Musikbeispiele, die während des Vortrags vorgestellt wurden, dienten als Anschauung dieses Komplexes. Es wurde Wert darauf gelegt, alles in chronologischer, musikhistorischer Reigenfolge ablaufen zu lassen, angefangen also bei der Polystilistik in der E-Musik des 20. Jahrhunderts bis hin zu besonderen Mutationsformen der Sampling-Elektronik in der Pop-Musik (Plunderphonics, Computermusik u.ä.).Es handelte sich im Einzelnen um folgende Musiken, die entweder ganz ausgespielt , oder nur auf Grund ihrer Dauer in Ausschnitten angerissen wurden.

1.) Alfred Schnittke: Esquisses (The Swan, the Pike and the Crayfish; Overture; The Childhood of Chichikov; The Portrait);
2.) Charles Ives: Three Places In New England (2.Satz: Putnam's Camp, Redding Connecticut);
3.) Bernd Alois Zimmermann: Musique Pour Les Soupers De Roi Ubu (Satz 1 - 3);
4.) Bernd Alois Zimmermann: Requiem für einen jungen Dichter (1. Teil);
5.) Karlheinz Stockhausen: Hymnen (Ausschnitt aus Region 2);
6.) Bernard Parmegiani: Du pop a l'ame ( aus "Pop Eclectic");
7.) When: Death In The Blue Lake;
8.) Mother Mallard's Portabel Masterpiece: Music;
9.) David Shea: Prisoner;
10.) Bob Ostertag: Go To It Boy (Burn It Down, Yeah) (aus "Burns Like Fire");
11.) Mos Def: Ms. Fat Booty (aus "Black On Both Sides");
12.) Beck: Loser (aus "Mellow Gold");
13.) John Oswald: Dolly Proton, News Orb Jam, Alien Chasm Jock (aus "69 Plunderphonics 96");
14.) Negativland: Tevje's Dream (aus "Knitting On The Roof");
15.) Los Sampler's: Mambo Brillante (aus "Descargas");
16.) V/vm: The Green Door Abductions; The Birdie Song; Schwarz-gelb ist Borussia;
17.) John Rose:Last Scene; A Viennes Catastrophe (aus "The Violin für Valentin").


Des Weiteren waren noch folgende Beispiele vorgesehen, die aber aus Zeitgründen nicht zum Einsatz kamen:
Michael Nyman: In Re Don Giovanni;
Edward Artemjew: Listen To Bach (The Earth) (aus dem Film "Solaris");
Gas;
Jorgen Teller: Drones And Curves; Three Ascents One - The Tower Cord I (aus "My Inner Ear");
Matmos: California Rhinoplasty
John Wall: Alterstill; Constructions VII - Luxi Var;
Les Sculptures de Vinyl: Memory & Money...
... sowie Musik von Cassiber u.a.

Als Begleittexte dienten Angaben aus Booklets diverser CDs sowie Originalzitate von Chris Cutler aus dessen Buch "File Under Popular - Theoretical And Critical Writings On Music" - erschienen 1985 bei RER Mecacaorp., London - deutsche Ausgabe: Juni 1995 im Buchverlag Michael Schwinn (Neustadt).


Über den Autor des Vortrags:
Joachim Ody wurde 1952 in Wiesbaden geboren. Seit 1975 zahlreiche Publikationen in Zeitungen, Stadtzeitschriften und Musikmagazinen. Beiträge zu den Bereichen Film, Literatur und Musik. Spezialisiert auf Jazz, elektronische Popmusik und E-Musik-Avantgarde. Seit 1980 fester freier Mitarbeiter bei "Spex". Daneben theoretische Abhandlungen (Vorträge etc.) zu Musikthemen; DJ-Tätigkeit u.ä. Lebt in Köln.