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JOSEPH SUCHY "ENTSKIDOO"

If Clinic can be touted as "innovators of modern music" then the being that claims to be Cologne based guitarist Joseph Suchy must be some trans-dimensional hyper-entity who beamed back here from the future to show us the true path to giddy innovative heights. Herr Suchy seems intent on pushing the six strings through as much laptop grop as he can, and he can play the ass off the plank to boot. His busy soloing is still just about recognisable as such much of the time despite persistant machine deconstruction and particle accelerator bombardment. The main chunk of 'Entskidoo' is comprised of two suites of vertiginous improvised computer mangled guitar meltdown. It's a soundscape in constant flux - canvasses splattered red, quickly speckled yellow and pink and then filled in with pulsating green triangles, or at least that's how the synaesthetic analysis was testing last time I sniffed it. It'll probably appeal to fans of the rightly lauded Fennesz and laptop / concrete side of Jim 'Chicagonogood' O'Rourke, and could give both of them a powerbook diddling to remember! This ought to get anyone who drooled over 'Endless Summer' equally hot and bothered. It also marks the first Entenpfuhl release on CD, but the vinyl version has a much nicer sleeve.
The alpha section of the first side opens with a cute little twang that fires slight recall of J Mascis' contribution to the 'Guitarrorists' compilation, but is somewhat more meandering and freeform. This soon takes a darker turn as it duets with ominous digital rumble and rapid click. For a fleeting partial clue, imagine Merzbow doing Hawaiian music for a few seconds. The guitar playing speeds up and cuts loose and the hard drive effects get denser and dronier as the track progresses through crisp vistas of happy noise. At the end of the first suite (vinyl side one) Suchy spews xylophone patters over churning groans. There is always some kind of abstracted melodic pull no matter how many distorted effects Suchy layers on. Some new idea springs forth every few inches and there always seem to be new sounds lurking in each listen. The second suite (side 2 of the record) builds up dense crescendos until dropping back to multi tracked clean guitar picking out a coda, as if to show the bare bones that "Entskidoo" hung it's dissonant diginoise flesh on. The last couple of tracks are self contained and appear on a 7" single in the limited vinyl edition. "Gump" sets a simple chiming riff that recalls Colin Newman's 'Singing Fish' amidst a sea of swirling off kilter digi-flotsam, and seems to be a more compact and eloquent statement of the same intent that fired the bulk of the preceding long player. "Tijovo" takes a very different tack with some unadorned sparse (presumably) improvised guitar plucking accompanied by (double?) bass and soft singing from Yvonne Cornelius. Overall I give this record an X and a Q although I'm not sure if the record can make good use of such rare letters. In case you're wondering, that's a good thing. If his three previous albums on Tonschacht, Grob and Whatness are even half this inventive then they'll be well worth investigating.
- Graeme Rowland
http://www.brainwashed.com/brain/brainv05i12.html  www.brainwashed.com

VITAL WEEKLY
number 316/week 11

JOSEPH SUCHY - ENTSKIDOO (CD by Entenpfuhl)
Joseph Suchy has been a main (guitar) player in the Cologne scene for some time now (having played with Kato Hideki, Kevin Drumm, Jean Marc Montera, Jan St. Werner, Ekkehard Ehlers and FX Randomiz, to name but a few from different worlds), but only recentely he has some solo work out. The first soloworks were going in one direction only (free improv on one, noise on the other, conceptualism on the third), but on this new solo CD he tries to make a synthesis between all the previous directions. After hearing the album, I think I can only approve: Joseph Suchy is all over the place. From free improv to noise to clear guitar playing, it's all there in some way. There are bits and pieces in which I think Joseph uses a bit too much sound effects, but in general this album is storm blowing out of speakers. In high speed, with abrupt changes, from sheer silence to sheer noise, ending in a strange collaborative free piece with vocalist Yvonne Cornelius and Tim Elzer (of Don't Dolby), this is a very nice album. For anyone who loves the guitar, be it if you like Fennesz or Loren MazzaCane Connors. Defintely the highlight of his solo career thus far. A well succeeded mixture of styles and ideas. (FdW)
 

"Alles ist Gitarre"
Frankfurter Rundschau
Im Saloon des Jetzt: Joseph Suchys Album "entskidoo"
Von K. Erik Franzen

Ich habe sie alle bedient. Große, Kleine, Feine, Grobe. Die mobile Ulla Kock am Brink genauso wie den schüchtern-klaren Thomas Kling. Den Mann, der die Bilder seiner Krebsgeschwulst vergrößert haben wollte. Die Frau, die ihre Aktaufnahmen auf Chromlux-Papier farbig ablichtete und sie beim Bezahlen zur Freude der rüstigen Rentner demonstrativ auf den Tresen legte. Sie alle bekamen ein Lächeln. Die sechzigjährige Frau, die mir einmal in der Woche anhand vergilbter Fotos beweisen wollte, dass sie die Mutter des unehelichen Fritz Pleitgen sei. Wenn sie den Laden betraten, wurden alle mit meiner Frage konfrontiert: Qualität oder Normal? Meine Kollegen und ich schichteten gelegentlich eine T-Shirt-Transferfolie über die nächste in der Hoffnung, dass etwas Neues entstehen könnte, wenn der Boss nicht da war. Ging meistens schief.

Ein Junge steht mitten in einem geschlossenen Raum. Er geht noch zur Schule und er hat keine Gitarre. Nur eine Luftgitarre. Er kopiert die Großen: Hendrix und Freunde. Er atmet sie. Spricht die Musik nach, die Handgriffe, die Oberkörperbewegungen, ahmt die Gesten nach. Manchmal ist alles Mist und manchmal euphorisch. Aber alles ist Gitarre. Kann kommen was will, ein Leben ohne Musik ist undenkbar. Ab und zu hat er einen Cowboyhut auf und den mit Zündplättchen geladenen Colt bonanzalike an der zerschlissenen Hose festgebunden. Ihm fehlt ein Schneidezahn, den er sich beim Runterstürzen von der Rutsche mit seinem rechten Knie weggebolzt hat. Smile.

Jahre später hat er - ich nenne den Jungen von damals jetzt einfach Joseph Suchy - ein richtiges Instrument in seinen Händen. Lange Zeit hat er im Hintergrund gewirkt. Als Produzent, Studiomusiker und Labelbetreiber von Gefriem hat er Erfahrungen gesammelt, die er jetzt ausspielt. Mit seiner vierten Solo-Platte entskidoo ist ihm die Quadratur der Gitarre gelungen. Allein: Suchy mitten auf einer grünen Wiese. Das Stromkabel zu seinem geliebten Werkzeug verschwindet irgendwo am Horizont. Frei und angebunden: so kann er alle Saiten sprengen. Friendly Fire. Hier in Woodstock, Erkenschwick und Wolfratshausen detonieren countryeske Verwerfungen, eingebettet in tröstende Heimatmelodien, angereichert mit apokalyptischen Alarmsignalen. Es wird geschichtet, verschmolzen, gehärtet und aufgelöst, bis ich mich wie Ziegen-Peter fühle, der zusammen mit Heidi und den Tieren vor Glück um die Wette springt.

Sound Tracks, die ohne klassischen Beat leben. Die beißen und heilen, die sich konsequent dem Song entziehen. Geschichten, die sich kaum verorten lassen: Höhlen vielleicht, wo es tropft und tropft und die Temperatur ständig wechselt. Unwirtliche Löcher, die Geborgenheit dennoch nicht nur suggerieren. In denen der Soul des neuen Jahrhunderts für die bereit liegt, die sich hinein trauen. Somewhere down under leuchten die Kristalle und ich kann sie fühlen. Setze meinen Cowboyhut auf und betrachte die alten Fotos.

Wie kommt das? Dem Kölner Ordinarius der Gitarrenforschung gelingt es, weil er jenseits des Mainstrom surft und auch die knackigen Codes der Elektroabteilung als Drittmittel für sein Projekt einbinden kann. Kein Rocker. Kein Elektroniker. Ein Fühlender. No Copy-Art. Suchy ist der Cowboy mit dem Indianergesicht in Zeiten des sinnlosen Kampfes um die Lufthoheit an den Musikstammtischen. Bevor wir in den Saloon eintreten, in dem es mächtig Ärger geben wird "wegen der Rothaut", sagt er zu mir mit frostiger Stimme: "Some say the world will end in fire, some say in ice. From what I've tasted of desire, i hold it with those who favour fire". Und wir treten ein - ohne Waffen.

Qualität oder normal? Die meisten waren freundlich und wollten Normalkopien. Auch der Mann aus dem Gitarrenspezialgeschäft um die Ecke. Er kam immer kurz vor Feierabend, schnappte sich das sonnengelbe Papier und legte los. Meistens änderte er auf seinem handgeschriebenen Plakat nur die Öffnungszeiten. Das Angebot blieb immer gleich: E-Gitarren, Westerngitarren, Konzertgitarren, E-Bässe, Ovationgitarren, Mixer, Effekte. Altes Zeug also. Aus dem Suchy neue Hoffnung zaubert: wenn kein Boss im Hintergrund lauert, der nur aufs Geld schaut.

Joseph Suchy: entskidoo ist erschienen bei entenpfuhl/a-musik.

Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Erscheinungsdatum 12.03.2002
http://www.frankfurter-rundschau.de/

 

Joseph Suchy
Entskidoo CD/LP+7"
(Entenpfuhl/aMusik)
  Nichts ist wohl so außer Mode gekommen wie die langen, am Blues geschulten Gitarrenabfahrten eines Jimi Hendrix oder Sonny Sharrock. Umso erstaunlicher, solchen Elementen auf Joseph Suchys vierter Soloveröffentlichung wieder zu begegnen. Scheinbar Unzeitgemäßes mit Elementen zu verbinden, die wiederum ganz im Trend liegen, ist eine Spezialität von »Entskidoo« und macht vor allem deutlich, dass es dem Kölner Gitarristen um letzteres gerade nicht geht: Statt Trends zu bedienen, lotet seine Platte das gesamte Klangspektrum der viel gescholtenen und doch überlebensfähigen EGitarre aus, dialoghaft mit sehr vielen elektronischen Sounds durchsetzt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Mit dem gesamten Spektrum ist nicht das stilistische gemeint. Suchy spielt nicht den Virtuosen, der in rasanter Folge die Tonleitern erklimmt, er nutzt das klangliche Spektrum von barschem Noise und Feedback bis hin zu zarten folkloristischen Momenten. Alleine die letzte, akustische Nummer mit Sängerin Yvonne Cornelius fällt aus dem Rahmen und pendelt zwischen klassischem Lied, nostalgischem Barjazz und freier Improvisation. Vom hybriden Folk eines MazzacaneConnors und Jim O'Rourke über erwähnte HendrixReminiszensen bis zur improvisatorischen Bearbeitung der Gitarre in der langen Tradition von Keith Rowe bis Fred Frith, nutzt Suchy ansonsten die verschiedensten Ausdrucksmöglichkeiten nicht etwa Stück für Stück, sondern verwebt sie innerhalb der einzelnen Nummern, um sie schließlich auch noch elektronisch zu verfremden. Das hat nichts mehr von artistischer Selbstdarstellung, sondern ist reines, dabei keineswegs esoterisches Eintauchen in Klang und Erstaunen über die daraus resultierende Vielfalt.
Martin Büsser (Stadtrevue 4/02) www.stadtrevue.de

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